Katharina Wechsler produziert seit zehn Jahren in Rheinhessen ihren eigenen Wein. Die 39-Jährige ist Winzerin aus Leidenschaft.
Eigentlich ist ihre Geschichte nun oft genug erzählt worden, findet Katharina Wechsler. Die Geschichte der jungen Sozialwissenschaftlerin, die aus der Großstadt Berlin zurück in ihren Heimatort Westhofen in Rheinhessen zog, um dort das elterliche Weingut zu übernehmen. „Das ist nun zehn Jahre her, da galt ich noch als Jungwinzerin – ich werde jetzt 40, da muss ich den Titel so langsam mal abgeben“, sagt Wechsler und lacht.
Ihre Eltern hatten damals einen gemischten landwirtschaftlichen Betrieb, ihre Weine verkauften sie in Fässern, vermarkteten ihn nicht selbst. „Dabei bewirtschafteten sie durchaus renommierte Lagen mit viel Potential“, erzählt Wechsler im Rückblick. Doch sie selbst zog es nach der Schule in die Großstadt, wie auch für ihre älteren Geschwister kam es für sie selbst nicht infrage, den elterlichen Betrieb zu übernehmen.
Erst mit 30 Jahren änderte Katharina Wechsler ihre Meinung: „In so einem Familienbetrieb steckt auch einfach viel Tradition drin, das wollte ich erhalten.“ So machte sie eine Weinbau-Ausbildung, hospitierte bei verschiedenen Winzern. Ihr klares Ziel: Dem Wein ihre eigene Handschrift und auch ein eigenes Etikett zu geben, von Fass- auf Flaschenweine umzusteigen.
„Die 18 Hektar, die meine Eltern bewirtschafteten, habe ich so Schritt für Schritt übernommen“, erzählt Wechsler. Der Start gelang, schon Wechslers erster Jahrgang bekam gute Kritiken, machte erste Kunden und Fachhändler auf die neue Winzerin aufmerksam.
Rund 120.000 Flaschen füllt Katharina Wechsler inzwischen jedes Jahr, den Betrieb der Eltern hat sie vor zwei Jahren endgültig übernommen. Die vielen verschiedenen Rebsorten, die auf den elterlichen Weinbergen wuchsen, hat sie auf wenige Sorten reduziert: Vor allem Riesling, Silvaner, Scheurebe und Burgundersorten zählen heute zum Portfolio, „das sind die klassischen rheinhessischen Sorten, die hier einfach optimale Bedingungen haben.“
Dass sie damals bei der Vermarktung ihrer Wein von Null anfangen musste, auf keinen bestehenden Kundenstamm zurückgreifen konnte, sieht sie eher als Chance: „So musste ich zumindest keinen halbtrockenen Rotwein im Sortiment behalten, um die Stammkunden nicht zu verprellen.“
Stattdessen startete sie mit einem puristisch-hippen Etikett, das eine Freundin ihr entwarf und einer Weinkollektion, die Profis und Einsteiger gleichermaßen neugierig machte: Klassische Rieslinge aus den Großen Lagen Kirchspiel, Morstein oder Benn auf der einen Seite, daneben aber auch „Fräulein Hu“, ein süffiger Perlwein aus Huxelrebe: „Ein Wein mit Augenzwinkern, der Spaß macht – auch das ist eine Seite von mir“, sagt Wechsler.
Für sie erzeugt gerade der Spagat zwischen Einstiegs- und Spitzenweinen eine große Spannung: „Ich mag selbst Weine, über die ich nicht groß nachdenken muss, die einfach gut schmecken und Spaß machen. Und dann gibt’s die anderen, mit denen will ich mich beschäftigen: Die erzählen so viel von ihrer Herkunft, dem Boden, auf dem sie gewachsen sind. Auch die gehören für mich dazu.“
Der Wandel im Weingut ist für Katharina Wechsler übrigens lang noch nicht abgeschlossen: Gerade stellt sie den Betrieb komplett auf Bio um, will künftig noch weniger in die Prozesse im Keller eingreifen: „Schon jetzt lassen wir dort die Weine weitestgehend in Ruhe“, sagt Wechsler, auch im Weinberg verzichtet sie schon länger auf Herbizide.
„Mein Ziel ist es, meine Weinberge immer noch besser kennenzulernen, das Beste aus den Reben herauszuholen“, sagt die Winzerin, die in diesem Jahr ihren 10. Jahrgang auf die Flasche bringt. Den Rückzug in die rheinhessische Heimat hat sie nie bereut: „Wein machen ist ein so vielseitiger Job. Es gibt so viele Unwägbarkeiten, die einen immer wieder herausfordern: Sonne, Frost, Hagel – auf all das hast du keinen Einfluss. Und trotzdem kannst du als Winzer jedem Wein deine eigene Handschrift geben, das ist eine unglaublich spannende Herausforderung.“
Kurz gefragt:
Welchen Ihrer Weine würden Sie mit einem Wein-Einsteiger am ehesten trinken?
Ganz klar ein Glas Scheurebe. Die Scheurebe ist eine sehr expressive Rebsorte, man riecht und schmeckt sehr viel, wenn man ihn im Glas hat. Wer noch wenig Erfahrung mit Wein hat, der traut sich oft nicht zu sagen: ‚Da rieche ich Aprikose‘, oder ‚Das schmeckt für mich nach Kräutern‘. Die Scheurebe macht es einem da leicht: Mit klaren Aromen und einem tollen Duft. Dabei ist das keineswegs ein einfacher oder flacher Wein, da schwingt viel mit!
Gibt es einen Wein, zu dem Sie eine besondere Beziehung haben?
Der Alte Reben Silvaner liegt mir sehr im Herzen. Der Weinberg, von dem er stammt, ist über 45 Jahre alt und besteht aus alten, knarzigen Stöcken, die eng beieinanderstehen. Hier machen wir alles in Handarbeit. Ich bin unglaublich gern in diesem Weinberg, weil er so lebendig ist: Ganz viele Insekten und Tiere trifft man hier. Im Wein selbst schmeckt man viel von seiner Herkunft: Die Kalkmineralität des Bodens im Zusammenspiel mit der Rebsorte, die sich nicht in den Vordergrund drängt. Ein leiser, aber ganz besonderer Vertreter dieser Traube.
Und welchen Wein kann man auch noch für einen besonderen Anlass ein Weilchen liegen lassen?
Der Westhofener Riesling hat auf jeden Fall noch einige Jahre Potential. Da verkaufen wir jetzt noch den 2013er Jahrgang – der Wein reift ganz wunderbar. Die Trauben stammen alle aus unseren großen Lagen, der Ortswein hat eine sehr eigene, feine Eleganz. Er ist sehr terroirgeprägt: Wie häufig in Rheinhessen stehen auch unsere Weine vor allem auf Kalkmergelböden. Diesen Riesling können sie problemlos noch für sechs, acht oder sogar zehn Jahre in den Keller legen!